Starker Zuspruch für eine Bürgerinitiative gegen Möbel Höffner an der Avus

von Ewald Schürmann



Großer Andrang beim Bürgerforum gegen das geplante Möbelhausprojekt Höffner am Dienstag, den 21. Juni 2011: Die Sitzplätze im Gemeindehaus Eichkamp reichten nicht aus für die vielen Besucher, die zur zweistündigen Veranstaltung des Siedlervereins Eichkamp gekommen waren. Das Echo war am Ende überwältigend: 100 Namen wies die Liste für die Gründung einer neuen Bürgerinitiative auf, womit ein deutliches Signal gegen die Pläne des Möbelhändlers Kurt Krieger gesetzt wurde. Die Versammlung verlief äußerst diszipliniert, wobei die Redner und Diskussionsteilnehmer mit Informationen sachlich argumentierten, aus denen durchweg kritische Positionen gegenüber dem Bauvorhaben gefolgert wurden. Obwohl emotionale Ausrutscher von „Wutbürgern“ ausblieben, wurde das geplante Möbelhausprojekt engagiert in seine kritischen Aspekte zerlegt, wodurch sich zuletzt ein breiter Konsens über die Ablehnung eines Möbelhauses gegenüber Eichkamp artikulierte.

Vorstandssprecher Florian Bolk begrüßte die Besucher und zeigte zur Einstimmung seinen ironisch-kritischen Kurzfilm zum Investment-Monopoly. Danach moderierte Falk von Moers das Bürgerforum zügig und mit Überblick, wobei sich im ersten Teil drei Anwohner und Mitglieder aus dem Verkehrsausschuss des Eichkampvereins zu speziellen Themen anhand von ausführlichem Dokumentationsmaterial äußerten: Cornelia Biermann-Gräbner berichtete detailliert über den Kaufvorgang des Bahngeländes, die Informationspolitik des Möbelunternehmers und die bisher bekannten Planungsdetails von den Verkaufsflächen von 80.000 qm Möbelmarkt plus 15.000 qm Sconto-Discount für Wohnzubehör über die Anzahl der Parkplätze für 820 Autos bis zur Verkehrsplanung der Zufahrtswege. Das gesamte Bauprojekt hätte zur Folge, dass mit massigen Baukörpern eine grüne Insel mit denkmalgeschützten Bauten zubetoniert, der Verkehrskollaps drohen und die Existenz der Einzelhändler in der Umgebung gefährdet würde. Klaus Kiel diskutierte auf der stadtplanerischen Grundlage des Zentrenplans der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, wie der Berliner Senat eine verträgliche Entwicklung von Handelsstrukturen in der Stadt stärken und entwickeln will. Mit dem geplanten Möbelhaus würde jedoch die regionale Konzentration von Bau- und Fachmärkten vorangetrieben und es käme zu Kaufkraftverlust zu Lasten des Einzelhandels in der Reichsstraße, Kantstraße, Kaiserdamm, Ku´damm und Westfälische Straße. Johannes Wegner stellte die neuesten Planungen der Verkehrswegeführung durch den Investor vor, durch die eine spürbare Erhöhung der Verkehrsbelastung in der Siedlung Eichkamp eintreten dürfte. Insgesamt drohe durch die negativen Folgen des Bauvorhabens für die Bewohner der Siedlung ein drastischer Rückgang des Verkehrswerts ihrer Häuser.

Vom Denkmalbeirat ermutigten Dr. Jürgen Hess und Werner Jockeit die Bürger, sich für den Denkmalschutz zu engagieren und damit das öffentliche Interesse gegen das wirtschaftliche stark zu machen. Die Industriebauten Gebäude auf dem ehemaligen Bahngelände seien durchweg denkmalwürdig und müssten als historische Zeugen einer für Berlin bedeutsamen Bahnanlage geschützt werden. Diese „grüne Insel“ stellt ein markantes stadtlandschaftliches Element dar, das nicht vom Investor des geplanten Möbelhauses abgerissen werden darf. Wie das Großprojekt mit seinem erhöhten Verkehrsaufkommen die Gesundheit der Bewohner in der nahen Wohnsiedlung bedrohen würde, untersuchte Heike Aghte vom Büro für Umweltkommunikation in verschiedenen Szenarien der Umweltbelastung an der Avus. Sie warnte vor einem Möbelhaus in den geplanten Dimensionen als weiteren Verkehrserzeuger in der ohnehin schon belasteten Gegend und zeigte eindrucksvoll auf, durch welche Schadstoff-Cocktails sich zwar zunächst unmerklich, doch langfristig spürbar chronische Erkrankungen der Atemwege einstellen. Hier sei die Unterkante der Obergrenze erreicht, mehr Verkehr ist nicht verträglich.

Auch die anwesenden Politiker äußerten sich kritisch bis ablehnend zum Investitionsprojekt des Möbelunternehmens. Dr. Bert Lehmann befand, dass ein Baukörper in der geplanten Dimension die ökologische Schneise zwischen Grunewald und den Wohngebieten zerschneidet und forderte, politisch zu artikulieren, dass das Projekt nicht funktionieren kann, weil die Nähe zu Eichkamp der „falsche Ort für das falsche Projekt“ sei. Robert Drewnicki von der SPD lehnte das Vorhaben wegen der hohen Verkehrsbelastung ab und forderte ein neues Konzept für das Gebiet unter Beteiligung der Anwohner. Andreas Statzkowski von der CDU berichtete von einer Anfrage, die er als Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses an den Senat zum geplanten Höffner-Möbelhaus gerichtet hat und die eindeutig mit einer Ablehnung des Projekts durch die verantwortlichen Politiker beantwortet wurde. Allerdings ermutigte er die geplante Bürgerinitiative dazu, den weiteren Prozess kritisch zu beobachten.

Damit war der eigentliche Knackpunkt in der künftigen Behandlung des Problems benannt, denn zwar bekommt der Investor Kurt Krieger zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein grünes Licht für sein Vorhaben und kann nicht bauen. Aber er ist Eigentümer des Grundstücks und trifft offensichtlich Maßnahmen zur Vorbereitung eines irgendwann doch möglichen Baubeginns. So wurden und werden Mietverträge gekündigt und Mieter durch Prämien zur Kündigung gedrängt, es finden Aufräumarbeiten statt, Bauzäune werden aufgestellt und weitere Maßnahmen ganz im Sinne eines Bauplatzes getroffen. Ein in der Versammlung anwesender Sprecher des Möbelkonzerns versuchte den Kuschelkurs mit den Anwohnern und betonte, das Unternehmen würde seine Projekt nur dann realisieren, wenn alle offenen Fragen auf der Basis sachlicher Gespräche mit allen Beteiligten geklärt wären. Und tatsächlich ist Krieger sehr aktiv und sucht das Gespräch, setzt aber gleichzeitig auch konsequent Maßnahmen um, die seinen Zielen dienen. Dafür ist Deutschlands zweitgrößter Möbelhändler bekannt und deshalb sind die Akteure der Bürgerinitiative gewarnt: Sie stellen sich auf einen langfristigen Kampf ein, dieses monströse Projekt durch aufmerksame Beobachtung und Information der Bürger zu verhindern. Gleichzeitig wollen sie nach Alternativen suchen, die eine ökologische und bürgerfreundliche Nutzung des Geländes in der Nachbarschaft ermöglicht.

Ansprechpartner für die Bürgerinitiative ist zur Zeit noch Vorstand@siedlerverein-eichkamp.de
Weitere Informationen im Internet unter www.bi-gueterbahnhof-grunewald.de

z61* - Freitag, 24. Juni 2011, 16:46 schreibt:

Tagesspiegelbeitrag vom 23.6.

Man möchte meinen, der Tagesspiegelredakteur war auf einer anderen Veranstaltung, s. krieger-will-eichkamp-aufmoebeln. Vielleicht hat er aber auch nur die schönen Werbeeinnahmen von Krieger/Höffner/Kraft im Hinterkopf.

Was besonders in dem Artikel nervt: die Hintergrund-Unterstellung, die Eichkamper lebten in einer derartigen Idylle, die hätten gar kein Recht, sich aufzuregen ...


messerjocke (Gast)* - Montag, 27. Juni 2011, 14:42 schreibt:

Möbel Höffner - Artikel im Tagesspiegel

Es ist wirklich sehr bedauerlich, dass der Tagesspiegel eine Diskussion lostritt, die sich mehr mit der Frage auseinandersetzt, dass Eichkamp sich gegen die Bebauung durch Krieger und Co. stämmt, aus welchen Gründen auch immer, als mit dem eigentlichen Bebauungsprojekt durch Krieger. Dem Autor des Artikels hätte es gut gestanden dass eigentliche Projekt und den Standort kritisch zu diskutieren und sich weniger an einem kleinen Wohnviertel abzuarbeiten, welches die Courage hat sich im frühen Vorfeld gegen ein so sinnloses und schlichtweg unnötiges Projekt aufzulehnen. Natürlich wehren sich unmittelbar Betroffene immer am stärksten und können dafür immer die subjektive Beeinträchtigung als berechtigten Grund für den Protest anführen. Es fehlt allerdings deutlich an der kritischen Auseinandersetzung mit dem Bebauungsprojekt, das objektiv ja weit über die von den Eichkampern befürchtete Wohnwertminderung oder den lokalen kompletten Verkehskollaps hinausgeht. Diskutieren Sie doch lieber ob Berlin ein Höffner Möbelhaus als Eintrittskarte für alle über die Avus in die Stadt Einfahrenden möchte, hinterfragen Sie wieviele Arbeitsplätze netto tatsächlich neu geschaffen werden wo das erklärte Ziel ja lediglich eine Umverteilung ist, bewerten Sie doch einmal kritisch, wie gut die Messegegend tatsächlich verkehrstechnisch angebunden ist und ob eine weitere periphere Grünfläche für ein so wenig nachhaltiges Projekt geopfert werden sollte. Das Projekt macht keinen Sinn. Es müssten, parteien- und wohnviertelübergreifend, eigentlich viel mehr Menschen dagegen sein.


Uwe Neumann (Gast)* - Dienstag, 28. Juni 2011, 00:40 schreibt:

Möbel Höffner

Ich habe mir "erlaubt", dem Redakteur Cay Dobberke den folgenden Brief als Kommentar zu seinem Artikel zu schicken:

Sehr geehrter Herr Dobberke,
>
herzlichen Glückwunsch zu Ihrem "großartigen" Artikel, der wohl nicht ohne Wirkung bleiben wird, allerdings eine Wirkung, die Sie sicher nicht beabsichtigt hatten. Wie ich nämlich erfahren habe, wird es einige Kündigungen von Tagesspiegel-Abonnements aus Eichkamp geben.
Ihr Artikel stellt recht einseitig Herrn Krieger als den tollen Investor dar und stempelt die Eichkamperinnen und Eichkamper zu kleinkariert egoistischen Hanseln ab, die nur ihre Idylle retten wollen (diese Haltung kennen wir zu genüge, so als dürften Menschen, denen es durchaus vergleichsweise gut geht, keine Wünsche haben). Eine ernsthafte Betrachtung über die - zugegebenermaßen nicht an 365 Tagen zu 24 Stunden gleichermaßen problematische - Verkehrssituation kommt in Ihrem Artikel nicht vor - auch das Thema Denkmalschutz, das für dieses Gelände von Bedeutung ist, wie Sie hören konnten (allerdings war Ihr Platz im Vorraum des Gemeindesaales vielleicht nicht dazu geeignet, genau hinhören zu können), interessiert Sie offenbar nicht.
Aus meiner Sicht noch schlimmer aber ist, daß Sie gedankenlos (oder bewußt) Aussagen des Herrn Kollmann kolportieren, die selbst bei oberflächlicher Betrachtung schnell als Lüge zu entlarven sind. Herr Krieger hat sowohl bei der Veranstaltung in Eichkamp am 1. November 2010 als auch in einer Sitzung des Stadtplanungsamtes berichtet, daß nach Errichtung seiner beiden Häuser mit "nur" 4200 Fahrzeugen am Tag zu rechnen ist (nach jetzt angeblich "schon" 3.500 in der Cordesstraße, was sich sehr schnell als Lüge nachweisen läßt). Wie das mit der von Ihnen widergegebenen Aussage des Herrn Kollmann von 3 - 5 PKW pro Stunde vertragen soll, ist mir ein Rätsel und hätte Ihnen doch auffallen müssen. Auch ist nicht vorstellbar, daß Herr Krieger 850 Stellplätze bauen will für so wenige Fahrzeuge!
Seriöser Journalismus sieht für mich anders aus und ich war von Ihnen in der Vergangenheit anderes gewöhnt. Hat Ihnen vielleicht die Anzeigenabteilung des Verlages vorgeschrieben, was und wie Sie zu berichten haben, um einen so wichtigen Kunden nicht zu verprellen?? - Das hätte nicht nur mit seriösem Journalismus nichts zu tun, sondern auch nicht mit freiem Journalismus!

Mit freundlichen Grüßen

Uwe Neumann

*(Gast) bedeutet, dass der Verfasser nicht bei twoday.net angemeldet ist.

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