Workshop zu „Alternativen zum Projekt Möbelhaus Höffner am Grunewald“
von schue
Über 40 Teilnehmer – Mitglieder der Bürgerinitiative, Vertreter aus Politik und Verwaltung des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf sowie Architekten und Stadtplaner – nahmen am Workshop der BI „Zwischen den Gleisen“ am 19. März 2013 im Gemeindehaus Eichkamp teil, der von Andreas Krüger (Belius GmbH) eröffnet und moderiert wurde. In seiner Begrüßung betonte Christoph Flötotto von der BI und vom Siedlerverein Eichkamp, dass das Bauvorhaben eines großdimensionierten Möbelhauses an der Avus und zwischen kleinteilig angelegten Wohnsiedlungen nicht einfach ein Problem der direkten Nachbarschaft sei, sondern über die lokale Problematik grundsätzlich regionale Fragen der künftigen Stadtentwicklung aufwerfe. Die im August 2011 gegründete Bürgerinitiative habe viel Stärkung durch die Politik erfahren, deshalb sei man ermuntert, sich für eine grundsätzliche Diskussion über mögliche Nutzungsalternativen des in Frage stehenden, vormals von der Bahn genutzten Geländes Zeit zu nehmen. Da für das
Bauvorhaben des Investors im Moment ohnehin keine Rechtsgrundlage vorliege, können sich betroffene Bürger, Politiker und Fachleute ohne Zeitdruck einen solchen Gedankenaustausch leisten.
Einleitend gab Falk von Moers von der Bürgerinitiative einige Grundinformationen über die aktuelle Situation und die rechtlichen Rahmenbedingungen der geplanten Bebauung des Geländes. Dabei ergeben sich für die BI grundsätzlich negative Folgen für die Umgebung: Es droht der Verkehrsinfarkt am Funkturm, für Umwelt und Gesundheit drohen weitreichende Schäden, das geplante Bauprojekt ist Ausdruck städtebaulicher Fehlentwicklung und würde den innerstädtischen Handel in den umliegenden Geschäftsstraßen schwächen. Der Workshop sollte Ideen zu alternativen Nutzung des Geländes sammeln, das fachliche Wissen und die Kompetenz stärken und durch Vernetzung mit anderen Initiativen die Basis für politische Einflussmöglichkeiten erweitern.
(Weiter unter: ganzen Beitrag anzeigen)
Rainer Latour gab in seiner Funktion als Leiter des Stadtplanungsamtes Charlottenburg-Wilmersdorf eine Einschätzung zur aktuellen Rechtslage des Geländes, die sich im historischen Ablauf verändert habe. Handelte es sich zunächst um eine reine Fläche für die Nutzung der Bahn, so wurde nach dem Kauf durch die Firma Kurt Krieger die Möglichkeit eröffnet, das Gelände zu bebauen. Dazu bedarf es allerdings der Entwicklung eines Flächennutzungs- und Bebauungsplans, bei dem die Vorgaben im Stadtentwicklungsplan Zentren 3 (STEP 3) in Bezug auf Fachmärkte zu beachten sind. Das Bezirksamt wertet hierfür jedoch die Pläne des Investors kritisch, weil ein Kaufkraftabfluss für den nahen Einzelhandel droht und erhebliche Verkehrsprobleme zu erwarten sind.
Grundsätzliche Überlegungen und Informationen, wie bei der Bürgerbeteiligung Projekte und Prozesse zu steuern sind, gab Florian Schmidt (Initiative Stadt Neudenken/Urbanitas), der in seinem Beitrag an solchen Beispielen, wie Blumengroßmarkt Friedrichstadt, „Dragonerställe“ Mehringdamm, Bahngelände Wilmersdorf und Innsbrucker Platz darstellte, wie aktive Bürgerbeteiligung erfolgreich durchgeführt werden kann. Das Ziel sollte immer sein, sich „auf Augenhöhe“ zur Politik zu begeben, was vor allem durch sog. „Konzeptverfahren“ mit Werkstattgesprächen und Dialogen bei Standortkonferenzen gelingt. Protest macht Druck und ermöglicht die Position, mitzugestalten, Visionen zu entwickeln und schließlich an einzelnen Verfahrensschritten beteiligt zu werden. Dazu bedarf es immer auch einen langen Atem.
Auf planerische Rahmenbedingungen und alternative Nutzungen ging Robert Slinger (KAPOK Architecture) ein. Durchlüftung des Geländes sei von großer Bedeutung für die Stadtökologie, weshalb auf Dichte und Lage der Bebauung, Versiegelung durch Parkplätze und Bepflanzung geachtet werden müsse. Auch den Lärm- und Emissionsbelastungen müssten durch geeignete Maßnahmen gegengesteuert werden. Bei der Errichtung von großflächigen Einzelhandelszentren müssen stadtverträgliche Lösungen unter Berücksichtigung des Stadtentwicklungsplans Zentren 3 (STEP3) entwickelt werden. Im Vortrag wurde noch auf verschiedene Modelle für den KFZ- und Fahrradverkehr zur Diskussion gestellt.
In einer ersten Diskussion wurde Probleme bei den Planungen der Verkehrsführung und Informationen über Grundstückskäufe durch den Investor erörtert. Als Ideen für alternative Nutzungen wurden eine Wohnbebauung angesichts des aktuellen Wohnungsbedarfs und die größere Berücksichtigung des Fahrradverkehrs ausgeführt. Diese Ideensammlung wurde unter der Koordination durch Florian Schmidt in einem konzentrierten Brainstorming nach den Kategorien „Zielgruppen“ und „Innovationspotenziale“ weitergeführt und Stichworte an einer Pinnwand notiert. In der nachträglichen Dokumentation des Workshops sollen noch weitere Ausführungen zu konkreten Umsetzungsideen nachgeliefert werden.
Im letzten Referat wurden von Michael Schneidewind (BUND) Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung bei der Bauleitplanung erörtert, indem er von der Kernfrage: „Wie erstellt und beschließt man einen Bebauungsplan?“ ausging. Grundsätzlich sei dabei die Bürgerbeteiligung auf Augenhöhe von Anfang an die demokratische Basis für eine starke Positionierung einer Bürgerinitiative. Nur so können eigenen Vorstellungen in Diskurse eingebracht und berücksichtigt werden. Der Referent unterschied zwischen angebotsorientierten und vorhabenbezogenen Bebauungsplänen. Der Bezirk ist meist Initiator eines angebotsorientierten Bebauungsplans, in den regionale städtebauliche Erfordernisse eingehen. Der Investor als Grundstückseigentümer gibt demgegenüber den Anstoß für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan. Beide Verfahren müssen so behandelt werden, dass private und öffentliche Belange gegeneinander abgewogen werden. Dabei geht es um das Ziel nachhaltiger städtebaulicher Entwicklung, den Einklang von
sozial-gerechten, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen sowie die Verantwortung für künftige Generationen.
In der Schlussdiskussion riet Rainer Latour, zum jetzigen Zeitpunkt brauche der Bezirk noch keinen Bebauungsplan zu erstellen, da ja für das Grundstück kein Baurecht bestehe. Andererseits sei es ratsam, als Bezirk ein umsetzungsfähiges städtebauliches Konzept als Gegenposition mit anderen Gewichtungen zu den Plänen des Investors vorzuhalten. Marc Schulte (Stadtrat für Stadtentwicklung und Ordnungsangelegenheiten im Bezirk Chlbg.-Wilm.) machte für den Bezirk klar, die vorgelegten Pläne des Investors für ein Möbelhaus nicht zu akzeptieren. Zu einer Wohnbebauung stehe er kritisch wegen der hohen Lärm- und Umweltbelastungen durch Bahn-und KFZ-Verkehr. Überlegt werden sollte, ob Förderprogramme des Bundes (Avus) und des Landes Berlin (Messe, Stadtumbau West) beansprucht werden können. Der Stadtrat hob hervor, dass der Workshop der Bürgerinitiative sehr hilfreich für das weitere Vorgehen des Bezirks im Diskurs mit den Bürger/innen sei.
Das Protokoll und die von den Referenten gezeigten Powerpoint-Präsentationen sind auf der Homepage der BI abrufbar.
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von:
Ewald.Schuermann@t-online.de
Über 40 Teilnehmer – Mitglieder der Bürgerinitiative, Vertreter aus Politik und Verwaltung des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf sowie Architekten und Stadtplaner – nahmen am Workshop der BI „Zwischen den Gleisen“ am 19. März 2013 im Gemeindehaus Eichkamp teil, der von Andreas Krüger (Belius GmbH) eröffnet und moderiert wurde. In seiner Begrüßung betonte Christoph Flötotto von der BI und vom Siedlerverein Eichkamp, dass das Bauvorhaben eines großdimensionierten Möbelhauses an der Avus und zwischen kleinteilig angelegten Wohnsiedlungen nicht einfach ein Problem der direkten Nachbarschaft sei, sondern über die lokale Problematik grundsätzlich regionale Fragen der künftigen Stadtentwicklung aufwerfe. Die im August 2011 gegründete Bürgerinitiative habe viel Stärkung durch die Politik erfahren, deshalb sei man ermuntert, sich für eine grundsätzliche Diskussion über mögliche Nutzungsalternativen des in Frage stehenden, vormals von der Bahn genutzten Geländes Zeit zu nehmen. Da für das
Bauvorhaben des Investors im Moment ohnehin keine Rechtsgrundlage vorliege, können sich betroffene Bürger, Politiker und Fachleute ohne Zeitdruck einen solchen Gedankenaustausch leisten.
Einleitend gab Falk von Moers von der Bürgerinitiative einige Grundinformationen über die aktuelle Situation und die rechtlichen Rahmenbedingungen der geplanten Bebauung des Geländes. Dabei ergeben sich für die BI grundsätzlich negative Folgen für die Umgebung: Es droht der Verkehrsinfarkt am Funkturm, für Umwelt und Gesundheit drohen weitreichende Schäden, das geplante Bauprojekt ist Ausdruck städtebaulicher Fehlentwicklung und würde den innerstädtischen Handel in den umliegenden Geschäftsstraßen schwächen. Der Workshop sollte Ideen zu alternativen Nutzung des Geländes sammeln, das fachliche Wissen und die Kompetenz stärken und durch Vernetzung mit anderen Initiativen die Basis für politische Einflussmöglichkeiten erweitern.
(Weiter unter: ganzen Beitrag anzeigen)
Rainer Latour gab in seiner Funktion als Leiter des Stadtplanungsamtes Charlottenburg-Wilmersdorf eine Einschätzung zur aktuellen Rechtslage des Geländes, die sich im historischen Ablauf verändert habe. Handelte es sich zunächst um eine reine Fläche für die Nutzung der Bahn, so wurde nach dem Kauf durch die Firma Kurt Krieger die Möglichkeit eröffnet, das Gelände zu bebauen. Dazu bedarf es allerdings der Entwicklung eines Flächennutzungs- und Bebauungsplans, bei dem die Vorgaben im Stadtentwicklungsplan Zentren 3 (STEP 3) in Bezug auf Fachmärkte zu beachten sind. Das Bezirksamt wertet hierfür jedoch die Pläne des Investors kritisch, weil ein Kaufkraftabfluss für den nahen Einzelhandel droht und erhebliche Verkehrsprobleme zu erwarten sind.
Grundsätzliche Überlegungen und Informationen, wie bei der Bürgerbeteiligung Projekte und Prozesse zu steuern sind, gab Florian Schmidt (Initiative Stadt Neudenken/Urbanitas), der in seinem Beitrag an solchen Beispielen, wie Blumengroßmarkt Friedrichstadt, „Dragonerställe“ Mehringdamm, Bahngelände Wilmersdorf und Innsbrucker Platz darstellte, wie aktive Bürgerbeteiligung erfolgreich durchgeführt werden kann. Das Ziel sollte immer sein, sich „auf Augenhöhe“ zur Politik zu begeben, was vor allem durch sog. „Konzeptverfahren“ mit Werkstattgesprächen und Dialogen bei Standortkonferenzen gelingt. Protest macht Druck und ermöglicht die Position, mitzugestalten, Visionen zu entwickeln und schließlich an einzelnen Verfahrensschritten beteiligt zu werden. Dazu bedarf es immer auch einen langen Atem.
Auf planerische Rahmenbedingungen und alternative Nutzungen ging Robert Slinger (KAPOK Architecture) ein. Durchlüftung des Geländes sei von großer Bedeutung für die Stadtökologie, weshalb auf Dichte und Lage der Bebauung, Versiegelung durch Parkplätze und Bepflanzung geachtet werden müsse. Auch den Lärm- und Emissionsbelastungen müssten durch geeignete Maßnahmen gegengesteuert werden. Bei der Errichtung von großflächigen Einzelhandelszentren müssen stadtverträgliche Lösungen unter Berücksichtigung des Stadtentwicklungsplans Zentren 3 (STEP3) entwickelt werden. Im Vortrag wurde noch auf verschiedene Modelle für den KFZ- und Fahrradverkehr zur Diskussion gestellt.
In einer ersten Diskussion wurde Probleme bei den Planungen der Verkehrsführung und Informationen über Grundstückskäufe durch den Investor erörtert. Als Ideen für alternative Nutzungen wurden eine Wohnbebauung angesichts des aktuellen Wohnungsbedarfs und die größere Berücksichtigung des Fahrradverkehrs ausgeführt. Diese Ideensammlung wurde unter der Koordination durch Florian Schmidt in einem konzentrierten Brainstorming nach den Kategorien „Zielgruppen“ und „Innovationspotenziale“ weitergeführt und Stichworte an einer Pinnwand notiert. In der nachträglichen Dokumentation des Workshops sollen noch weitere Ausführungen zu konkreten Umsetzungsideen nachgeliefert werden.
Im letzten Referat wurden von Michael Schneidewind (BUND) Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung bei der Bauleitplanung erörtert, indem er von der Kernfrage: „Wie erstellt und beschließt man einen Bebauungsplan?“ ausging. Grundsätzlich sei dabei die Bürgerbeteiligung auf Augenhöhe von Anfang an die demokratische Basis für eine starke Positionierung einer Bürgerinitiative. Nur so können eigenen Vorstellungen in Diskurse eingebracht und berücksichtigt werden. Der Referent unterschied zwischen angebotsorientierten und vorhabenbezogenen Bebauungsplänen. Der Bezirk ist meist Initiator eines angebotsorientierten Bebauungsplans, in den regionale städtebauliche Erfordernisse eingehen. Der Investor als Grundstückseigentümer gibt demgegenüber den Anstoß für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan. Beide Verfahren müssen so behandelt werden, dass private und öffentliche Belange gegeneinander abgewogen werden. Dabei geht es um das Ziel nachhaltiger städtebaulicher Entwicklung, den Einklang von
sozial-gerechten, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen sowie die Verantwortung für künftige Generationen.
In der Schlussdiskussion riet Rainer Latour, zum jetzigen Zeitpunkt brauche der Bezirk noch keinen Bebauungsplan zu erstellen, da ja für das Grundstück kein Baurecht bestehe. Andererseits sei es ratsam, als Bezirk ein umsetzungsfähiges städtebauliches Konzept als Gegenposition mit anderen Gewichtungen zu den Plänen des Investors vorzuhalten. Marc Schulte (Stadtrat für Stadtentwicklung und Ordnungsangelegenheiten im Bezirk Chlbg.-Wilm.) machte für den Bezirk klar, die vorgelegten Pläne des Investors für ein Möbelhaus nicht zu akzeptieren. Zu einer Wohnbebauung stehe er kritisch wegen der hohen Lärm- und Umweltbelastungen durch Bahn-und KFZ-Verkehr. Überlegt werden sollte, ob Förderprogramme des Bundes (Avus) und des Landes Berlin (Messe, Stadtumbau West) beansprucht werden können. Der Stadtrat hob hervor, dass der Workshop der Bürgerinitiative sehr hilfreich für das weitere Vorgehen des Bezirks im Diskurs mit den Bürger/innen sei.
Das Protokoll und die von den Referenten gezeigten Powerpoint-Präsentationen sind auf der Homepage der BI abrufbar.
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von:
Ewald.Schuermann@t-online.de
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